Wahrscheinlich kennst du die Frage “Wie geht es dir?”. Jeder kennt sie, du hörst sie fast täglich und wirst sie wahrscheinlich auch genauso oft stellen. Die Frage an sich ist nichts Interessantes. Die gängige Antwort darauf sollte zum Nachdenken anregen. Denn die ist fast immer “Alles gut”. Was daran nun so schlimm ist und wieso du darüber nachdenken solltest, das klären wir hier in diesem Beitrag.
Was ist deine Antwort?
Wenn ich dich nun fragen würde, wie es dir geht. Was würdest du antworten? Alles gut?
Ich würde vermuten, dass die Wahrscheinlichkeit relativ hoch ist. Wieso? Dazu muss ich dir eine kleine Geschichte erzählen.
Bevor ich aber mit der Geschichte anfange: Stelle dir diese Frage nun wirklich mal und beantworte sie für dich.
Und zwar nicht mit der Antwort, die du einem Fremden geben würdest oder eventuell sogar deiner besten Freundin…
Fühle in dich hinein und spüre, wie es dir wirklich geht. Wie fühlst du dich? Angespannt? Aufgeregt? Glücklich? Traurig?
Sicher nicht nur “Alles gut” oder?
Dann stellt sich nun noch die Frage, wieso dann fast jeder immer “Alles gut” sagt.
Na hast du eine Ahnung? Ich werde dir meine Vermutung später mitteilen.
Wie eine Frage, meinen Blick auf “Alles gut” verändert hat
Ich bin generell nicht gut darin, meine Emotionen oder Gefühle auf den Punkt zu bringen. Heute immerhin besser als früher, denn da ging das mal gar nicht. Naja die Konsequenz ist, dass meine Antwort eigentlich auch so ziemlich immer “Alles gut!” war (ist 🙂). Ist ja auch einfacher. Gut oder schlecht. Und wenn es schlecht ist, redet man ja eh nicht darüber, oder?!
Nun aber zu der Geschichte. Als ich vor ein paar Monaten mit Maren bei ihrer 87-jährigen Oma (Elfriede) zu Besuch war, hat sie uns am Morgen gefragt, wie es uns geht. Trantütig wie ich am Morgen bin, kam meine vor langer Zeit einprogrammierte Antwort “Alles gut”.
Für mich war alles erledigt. Für Elfriede aber nicht…
„Wieso sagt ihr jungen Leute eigentlich immer „Alles gut“? Ist das eine Art Sprichwort oder sowas? Was bedeutet das eigentlich?“.
Ich war etwas verdutzt und baff. Was soll das schon bedeuten?!
Dass halt “Alles gut” ist. Ende.
Die Frage nach der Bedeutung, hat mich seither aber nicht mehr losgelassen. Ich habe mehr und mehr darauf geachtet.
Und weisst du was?
Man kann dieses nichtssagende „Alles gut“ überall beobachten. Auf der Arbeit, privat bei Freunden, an der Kasse beim Einkaufen. Am Ende ist es nicht gut, nicht schlecht, einfach “Alles gut”.
Ich habe “Alles gut” schon gesagt, als ich traurig oder ratlos war, aber genauso als ich euphorisch oder aufgeregt war. Irgendwie macht man das halt so. Macht aber wenig Sinn oder? Geht es dir ähnlich?
Warum sagen wir “Alles gut”, auch wenn wir es nicht so meinen?
Alles, was du hier liest, ist meine Vermutung. Eventuell gibt es ganz andere Gründe. Bewiesen ist gar nichts. Aber für mich lässt es sich auf diese zwei Gründe grob herunterbrechen.
- Wir tuen uns schwer, Gefühle zuzulassen, zu spüren, sie einzuordnen und zu benennen
- Es ist schambehaftet über seine Gefühle zu sprechen
Starten wir bei dem ersten Grund. Emotionen sind eines der wichtigsten Dinge in unserem Leben. Sie sind sozusagen der Kompass für dein Leben. Und viele Menschen (mich eingeschlossen) tun sich relativ schwer mit ihnen. Manchmal hakt es daran, überhaupt erstmal herauszufinden, wie man sich überhaupt fühlt, manchmal auch daran das Gefühl in Worte zu packen.
Auch die Hintergründe dafür können komplett unterschiedlich sein. Eventuell hat man es nie gelernt. Vielleicht konnte man es mal, aber hat schlechte Erfahrungen gemacht und unterdrückt es nun.
Naja woher auch immer es kommt, es kann sehr gefährlich sein, das weiterhin so handzuhaben. Dazu aber später mehr.
Auf der anderen Seite, wenn du es schaffst, deine Gefühle zu verstehen, hat das Unmengen an positiven Effekten. Sobald du verstehst, wie du dich fühlst, kannst du dir selbst besser helfen und aus diesen Gefühlen lernen.
Grund Nummer 2… Gefühle sind “uncool”. Ich denke für Männer ist das wahrscheinlich noch mehr zutreffender als für Frauen, aber am Ende betrifft es beide Geschlechter gleichermaßen.
Wenn wir anfangen, unsere Gefühle zuzulassen, fühlen wir uns freier und glücklicher (positiv) ABER wir verbinden damit oft eine gewisse Scham und ein Eingeständnis von Schwäche. Es ist irgendwie sehr schwierig sich zu öffnen, weil es nur die wenigsten tun und man auch hier eventuell schon schlechte Erfahrungen gemacht hat. Kein Wunder also, dass nur die wenigsten über ihre wahren Gefühle sprechen.
Nun könnte man auch sagen, dass es vollkommen egal ist, ob man seine Gefühle spürt, versteht oder kommuniziert, leider ist dem nicht so…
Wieso “Alles gut” verhängnisvoll sein kann
Ist nun “Alles gut” oder nicht?
Am Ende muss das jeder für sich selbst wissen. Ich für mich weiss, dass es unheimlich viel Druck auf einen aufbaut, seine Gefühle und Emotionen nicht zu teilen. Es ist einfach super anstrengend, eine “Alles gut” Maske aufrechtzuerhalten.
Es fällt mir nicht immer leicht, aber ich bemühe mich mittlerweile zu teilen, wenn ich gestresst oder überfordert bin. Und ich sage dir, es hilft und zwar richtig. Du wirst die Erleichterung und das “Feedback” zu schätzen wissen.
Denn richtig problematisch wird es, wenn Kommunikation und Erwartungen ins Spiel kommen.
Angenommen dir geht es schlecht und du sagst, es ist “Alles gut”. Woher soll dein Gegenüber jemals wissen, dass es dir schlecht geht und dir z.B. Hilfe anbieten?
Richtig, kann er gar nicht. Oft erwartet man das aber und ist dann enttäuscht oder gekränkt.
Du willst also, dass man mit dir mitfühlt, willst gesehen werden und erhoffst dir Hilfe, aber es passiert nichts. Macht die Gefühlslage nicht unbedingt besser oder?
Einen Schritt von “Alles gut” zum Gefühl
Wie du wahrscheinlich mitbekommen hast, gibt es viele verschiedene Formen und Gründe von “Alles gut”. Deswegen ist es auch schwierig zu sagen, was dein nächster Schritt sein könnte.
Für den oben angesprochenen ersten Grund, gibt es eine tolle Übung.
- Setze dir für 20 Minuten eine Stoppuhr
- Benutze einen Zettel, Block oder Computer und schreibe über all deine Gefühle und emotionalen Erfahrungen der letzten Wochen, Monat oder Jahr
- Mach dir keine Gedanken darüber, es perfekt zu machen. Lass dich einfach von deinen Gefühlen und Gedanken leiten.
- Du musst das Erstellte nicht aufheben oder speichern, es geht lediglich darum, dass all diese Gedanken aus deinem Kopf sind
Ansonsten glaube ich, dass einer der wichtigsten Schritte ist, sich selbst zu verstehen und seine Beziehung zu sich selbst zu stärken.
Denn wenn man mit sich selbst in einer guten Beziehung steckt, dann ist es auch einfacher zu seinen Gefühlen zu stehen und diese gegenüber anderen zu vertreten.
Und das führt zu einer langfristigen Zufriedenheit mit dir selbst und deinem Leben
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Nun zum Schluss noch einmal die Frage:
Wie geht es dir heute? “Alles gut”? Ich hoffe ja, ich hoffe aber auch, dass da noch andere Emotionen dahinterstecken. Und falls es unangenehme sind, versuche auch die zu kommunizieren.
Mir geht es nicht gut. Ich weiss nicht, wie ich den heutigen Tag schaffen kann. Meine Fehler und mein schlechtes Verhalten lasten so schwer auf mir, dass mir das Atmen schwerfällt. Wie geht es dir?
Die einzig richtige Antwort auf dieses falsche „alles gut?“ ist „ALS OB!!!“ – Denn genau das setzt man mit der Frage „alles gut“ quasi voraus beim anderen, zumindest so zu tun als ob alles so wäre und einzustimmen in diese Phrase, dass alles gut sei. Was für eine freche und lästige Unverschämtheit das ist, die einem sogar weh tun kann, wenn es einem schlecht geht – denn man wird dadurch aufgefordert seine wahren Gefühle, seine Persönlichkeit und Situation einfach extrem platt zu verleugnen. Und warum? Weil es gesellschaftlicher Konsens ist, dass der eine sich nicht wirklich für den anderen interessiert bzw. der doch bloss nicht auf die Idee kommen soll, einen vollzujammern, weil nicht „alles gut“ ist? Aber genau diese zynische und verbal ins Fleisch schneidende Oberflächlichkeit, die manchmal sogar gemischt ist mit Missgunst und Neid, wie man meinen könnte, steckt hinter diesem platten und dummen „alles gut“. Können manche denke ich da ganz gut reinpacken. Oberflächlich scheint es auch noch als freundlich gelten zu können, wenn man einem „alles gut“ dem anderen den Mund zutaped und da einen Smiley draufmalt. Zudem ist es Kindersprache. Alles gut. So sollten nur 7-jährige denken und sprechen! Aber viele stehen halt auf die hintergründige und verlogene, oberflächliche Art, die da mitschwingt. So übel ist es zwar nicht immer gemeint, KANN aber durchaus öfter so sein. Viel Spass beim Herausfinden, ob das so ist, wenn ihr das das nächste mal gefragt werdet. Bzw. ist es ja keine echte Frage, denn eine echte Antwort will man da ja gar nicht haben. Ich HASSE dieses alles gut jedenfalls über alle Maßen und kann es nicht mehr hören!
Genau so ist es – könnten meine Worte sein!
Ich weiß nicht warum Man lügen muss besser ist die Wahrheit
Mir fallen auf Anhieb direkt drei bessere Antworten auf diese hirnlose, von hirnlosen Menschen gestellte Frage ein:
1. [Was für eine] dämliche Frage!
2. Du mich auch!
3. Fick dich!
Diese Frage ist meistens eine rhetorische Frage. Dein gegenüber möchte die Antwort eigentlich gar nicht wissen. Deswegen Antwortet man mit dem nichtssagenden alles gut
Ja der Meinung bin ich auch. Man kann heutzutage nicht jedem einfach sein Herz ausschütten. Angekommen du beantwortest die Frage mit ‚geht so‘, nur wenige werden näher nachfragen…
Die Frage ist nicht unbedingt, ob du dich gegenüber allen öffnen musst und wahrscheinlich ist es häufig auch ohne großes Interesse an einer Ausführung…Ich meine klar, wir sind nciht mit jedem so eng, dass es ihm überhaupt etwas angingen. Das schwierige ist, wenn wir selbst bei den Menschen mit „Alles gut“ antworten, obwohl diese ernsthaft interessiert sind oder uns gar selbst das „Alles gut“ glauben…
Genauso sehe ich das auch. Die Menschen fragen zwar wie geht es dir aber wollen nicht mit den Problemen des anderen belästigt werden.
Dann braucht man mich nicht fragen. Zeitverschiebung!